Nach 22 Jahren Besetzung wurde heute Morgen das Kunsthaus Tacheles in Berlin geräumt. Der friedlichen Räumung ging eine jahrelange juristische Auseinandersetzung voraus. Das Kunsthaus ist der letzte verbliebene Teil eines Kaufhauskomplexes, der vor mehr als 100 Jahren erbaut worden war. Nachdem das Kaufhaus im 2. Weltkrieg zerstört worden war, lies die Ostberliner Stadtverwaltung große Teile abreißen. Nur der Kopfbau blieb erhalten. Nach dem Fall der Mauer schufen die Besetzer eine künstlerische Freifläche, die sich schnell zu einer beliebten Touristenattraktion entwickelte. In der Kaufhausruine wurden u.a. Ateliers, Werkstätten und Theater eingerichtet. 1998 hatte dann die Fundus-Gruppe den Grund auf dem das Gebäude steht erworben, um dort ein Wohn- und Geschäftszentrum zu errichten. Jedoch geriet das Projekt in finanzielle Schieflage und die HSH-Nordbank, Gläubigerin der Fundus-Tochtergesellschaft, setzte daraufhin die Zwangsverwaltung und zuletzt die Zwangsversteigerung durch. Rund 50 SympathisantInnen hatten sich vor dem Kunsthaus versammelt. Vor dem Eingangbereich wurden Papiere mit den mehr als 200.000 Unterschriften für den Erhalt des Tacheles ausgelegt, sodass die Anwälte, Banker und Investorenvertreter beim Reingehen "die Unterstützer mit Füßen treten". Gerade in Berlin Mitte sei es hoffnungslos, etwas gegen immobilienwirtschaftliche Fakten auszurichten."Die Zeit der Spiel-, Entfaltungs- und Freiräume ist tatsächlich vorbei", so der Stadtsoziologe Andrej Holm. Zu wenige Anwohner hätten Angst vor Verdrängung aus ihrem Stadtteil, weswegen die Solidarität mit benachbarten Kulturprojekten nur spärlich ausfällt.